Schnatterenten als Kommensalen?

Nicht in OWL, aber höchst interessant: auf dem Essener Baldeneysee, einem Ruhrstausee, sah ich am 2. Weihnachtstag beidseits des „Vogelschutzgebietes“ dutzende von tauchenden Blässhühnern. Ich war verwundert, dass die eingestreuten Schnatterenten einzeln oder paarweise gerne die unmittelbare Nähe der Blässhühner aufsuchten, so dass oft ein Blässhuhn von ein bis zwei Enten umgeben war. Ich konnte mir zunächst keinen Reim darauf machen. Dann stellte ich fest, dass die Schnatterenten sich gezielt über abgerissene Pflanzenteile, die  von den Blässhühnern im Zuge ihrer Tauchgänge an die Oberfläche befördert wurden, hermachten. Dass dies mitunter Abwehrreaktionen der Blässhühner hervorrief, versteht sich von selbst. Dieses als Kommensalismus zu bezeichnende Verhalten (mit Anklängen von Parasitismus, wer weiß?) ermöglicht es den Enten, in tieferen, zum Gründeln ungeeigneten Gewässerabschnitten an Nahrung zu gelangen, die ihnen sonst vorenthalten blieb, ihnen jetzt aber buchstäblich vor den Schnabel gelegt wird, und dann noch erntefrisch.

Leider hatte ich keine Kamera dabei.

Einen Tag vorher hatte ich bereits auf dem Kemnader Stausee (Bochum), wo die Zahl der Blässhühner und Schnatterenten noch um ein Mehrfaches höher liegt als auf dem Baldeneysee, eine solche Vergesellschaftung von Blässhühnern und Schnatterenten festgestellt. Ich hatte dort aber nicht intensiv genug hingeschaut um beurteilen zu können, ob die Enten dort ein ähnliches Verhalten zeigen wie in der Nachbarstadt.

Ist ein solches Verhalten von Euch und Ihnen schon mal beobachtet worden oder anderweitig bekannt?

Viele Grüße

Holger Sonnenburg

5 Gedanken zu „Schnatterenten als Kommensalen?

  1. Hallo!
    Ähnliches Verhalten habe ich bei Stockenten am Bielefelder Obersee erlebt, die Blässhühner erbeutete Fische abgejagt haben.
    A.A.

  2. Hallo Holger,
    dieses Verhalten habe ich am 23.01.2015 auf einem Baggersee bei Petershagen / Lahde beobachtet. Auch ich war damals sehr erstaunt über dies Art des Parasitierens.
    Viele Grüße aus Halle/W.
    Andreas Bader

  3. Hallo Holger,

    Kommensalismus wäre es eigentlich nur, wenn die Blässhühner die Pflanzenteile nicht selber würden fressen wollen. Dieses eher als Kleptoparasitismus zu bezeichnende Verhalten ist von der Schnatterente schon lange bekannt und auch in der Literatur beschrieben (z. B. „Glutz-Handbuch“, Bd. 2 von 1968; die älteste dort für dieses Verhalten zitierte Quelle ist zwar von 1952, das Verhalten aber vermutlich schon länger bekannt).

    Beobachten kann man dieses Verhalten im Winterhalbjahr vor allem immer dann, wenn es große Blässhuhnansammlungen im Zuge von Massenvermehrungen der Kanadischen Wasserpest gibt. Mangels anderer erreichbarer Nahrungsquellen dürften sich die dann oft zahlreich anwesenden Schnatterenten sogar mehr oder weniger ausschließlich auf diese Art ernähren.

    Und häufig kann man dort dann auch relativ viele Pfeifenten sehen, die es genauso machen wie die Schnatterenten.

    Liebe Grüße
    Axel Müller

  4. Danke für die wertvollen Kommentare, besonders an Axel Müller. Ich hatte mir nicht die Mühe gemacht, selber in der Literatur zu stöbern und zu recherchieren. Aber auf diese Weise dürfen andere jetzt auch mitlernen 🙂
    Baldeney- und Kemnader See sind in den letzten Jahren durch starke Wasserpflanzenentwicklung in die Schlagzeilen geraten. Einigen Wasservogelarten scheint das zu gefallen. Ich habe auch noch nie so viele Zwergtaucher gesehen wie jetzt am Kemnader See. Von einer Stelle aus um die 40 Ex.

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